PRESSE-ARTIKEL: 
Kino wie im heimischen Wohnzimmer
Von Christina Kalfopoulos, 15.10.08, 22:31h

Im "Elfenbeintürmchen" in der Luxemburger Straße 76 finden nur 20 Zuschauer Platz. Das Mini-Kino ist ein Projekt des 24-jährigen Markus Altmeyer, Ex-Student der Theater- und Filmwissenschaften. Am Samstag ist Eröffnung mit Wein aus seinem pfälzischen Heimatort.

Mit ein paar Handgriffen steckt Markus Altmeyer die markanten grünen Stühle zusammen. Er hat sie mit Holz vom Sperrmüll und Stoff aus dem Internet selbst gebaut. Das kann er noch aus Pfadfinderzeiten. Wie bequem sie sind, führt er gern in verschiedenen Sitzpositionen vor. Schließlich bewege man sich beim Filmschauen mehr als man glaube, erklärt der frisch gebackene Kinoinhaber. Die Wände hat er neu gestrichen, um die Filme darauf zu projizieren. Eine Ecke des studentenzimmergroßen Raums wird von einer kleinen Toilettenkabine ausgefüllt. Mit dem großen Ladenschaufenster hofft er auf neugierige Blicke.Nach seinem Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft hatte Altmeyer keine Lust, sich in die „Generation Praktikum“ einzureihen. Wenn schon unbezahlt arbeiten, dann doch bitteschön für etwas, das man leidenschaftlich tut. Bei ihm sind das Drehbuchschreiben und Filmemachen. Ein Standbein sollte her, das damit vereinbar ist.

Atmosphäre wie beim Videoabend

Bei seinem „Elfenbeintürmchen“ in der Luxemburger Straße 76 besteht er bescheiden auf der Verniedlichungsform: „Die Leute sollen ja nicht glauben, hier wird eine zweite Kölnarena eröffnet.“ Bei nur 20 Stühlen auf 28 Quadratmetern und der Projektion der Filme von DVD wünscht sich Altmeyer von den Gästen eher eine „Videoabendhaltung“. Dafür erwartet sie an jedem Montag eine Komödie oder ein Liebesfilm, donnerstags ein Klassiker oder ein Drama und am Freitag Horror und Action. „Ich denke, dass der Mensch anfängt, nostalgisch zu werden, wenn er volljährig wird,“ erklärt der 24-Jährige.

Damit auch seine Altersgenossen wehmütig die Filme ihrer Jugend noch einmal sehen können, sind viele Streifen aus den 90er Jahren im Programm vertreten. Sonntags lädt Markus außerdem zum kollektiven Tatort-Gucken ein. Aus lizenzrechtlichen Gründen bittet er Besucher nur um ein paar Euro Spende.

Erst Anfang September war der impulsive Wahl-Kölner an dem leeren Ladenlokal einer ehemaligen Anwaltskanzlei vorbeigelaufen. Frustriert von der schlechten Joblage hatte er sich vorgenommen: „Wenn es unter 500 Euro pro Monat kostet, mache ich was draus.“ Nach einem Telefonat unterschrieb er mit bewusster Naivität den Mietvertrag. „Wenn man lange über so etwas nachdenkt, fallen einem zu viele Gegenargumente ein,“ erklärt er. Und so holte ihn nach diesen ersten Schritten die bürokratische Wirklichkeit ein mit ihren Versicherungspflichten, Lizenzrechten und Steuerangelegenheiten. Jetzt hofft Altmeyer erst einmal, die Kosten wieder hereinzubekommen. Bis dahin jobbt er nebenher weiter als Kabelträger, entwickelt Drehbücher und sieht die Zukunft gelassen. „Wenn es nicht klappt, war es trotzdem eine interessante Erfahrung.“

Alle Interessen gebündelt

Im Elfenbeintürmchen treffen all seine Interessensgebiete zusammen: Neben den Filmvorführungen vermietet Markus eine Ausstellungswand an Fotografen und Maler und überlässt Künstlern aller Art gegen eine monatliche Pauschale ein Fach in seinem Shopregal für ihre Werke. Im Kinoprogramm sollen bald auch Kurz- und Spielfilme unabhängiger Filmemacher zu sehen sein, der Raum soll Lesungen und Kleinkunst offen stehen. „Ich hoffe, dass ich jedem Künstler die Möglichkeit gebe, zumindest ein kleines Publikum zu finden.“

Bei der Eröffnung am Samstag, 18. Oktober, wird es ab 17 Uhr neben einer Fotoausstellung auch Wein aus Altmeyers Heimatdorf Ellerstadt in der Pfalz geben - „vom Haus- und Hoflieferanten meiner Familie,“ wie er grinsend verspricht. Ab 20 Uhr läuft dann zum ersten Mal der Projektor.